Das vergessene Handwerk des Druckens 

Alte Techniken, neuer Glanz: Das Druckquartier Würzburg

Quelle: Ellinor Brandenburg / Im Druckquartier entstandene Siebdruck-Plakate

Der Duft von Farbe, die Optik einer alten Andruckpresse und farbenfrohe Plakate in einem kleinen Atelier. Im Druckquartier Würzburg verschmelzen Tradition und Kreativität. Hier wird das Handwerk des traditionellen Drucks zur Kunst.

Wo Tradition auf Kreativität trifft

Im Gespräch mit den Gründenden Andreas und Petra-Sophie Karl wird sofort klar, dass das Druckquartier mehr ist als nur eine Werkstatt. „Wir sind keine klassische Auftragsdruckerei“, erklärt Petra-Sophie: Uns geht es darum, das Wissen und die Techniken des Handwerks am Leben zu erhalten und weiterzugeben.“

Das kleine Atelier in der Zellerau, das sie nebenberuflich betreiben, nutzen sie um an Wochenenden ihre Workshops, aber auch eine offene Werkstatt, anzubieten. Wöchentlich kommen Kunstbegeisterte, Hobbydruckende aber auch Studierende der THWS zusammen, um sich im Sieb- und Buchdruck auszuprobieren. „Unsere Workshops sollen den Blick für das Handwerk öffnen“, betont Andreas. Gerade im Buchdruck bekommen die Teilnehmenden ein Verständnis für Schriftbilder und Farben, was sich am Computer oft nur schwer nachvollziehen lässt.

Die Maschinen, die Geschichten erzählen

Eine Besonderheit des Druckquartiers ist die Sammlung historischer Maschinen und Schriftsätze. Viele Geräte stammen aus mittlerweile geschlossenen Druckereien oder wurden über Kleinanzeigen gerettet. Die eindrucksvollste Maschine ist eine historische Andruckpresse, die früher im Dommuseum Freising stand. Dank des Engagements ihres Sohnes Constantin Karl, der Kommunikationsdesign an der THWS studierte, konnte die Presse weiterverwendet werden und dient als Grundstein des Druckquartiers. 

Aber nicht nur die Andruckpresse, sondern auch unzählige Schränke, in denen die alten Schriftsätze aufbewahrt werden, bringen den Besucher direkt zum Staunen. „Mittlerweile haben wir 50 verschiedene Schriftsätze, viele davon wahre Schätze, die sonst eingeschmolzen worden wären“, sagt Petra-Sophie. Auch klassische „Brotschriften“ – also Standardschriften – für Zeitungen und Bücher, findet man hier. Der Name ist fast selbsterklärend, die Setzer und Drucker versuchten sich so ihren Lebensunterhalt zu sichern. Heute sind diese Schriften selten geworden und werden im Druckquartier mit viel Sorgfalt gepflegt.

Warum Handwerk heute so wichtig ist

Das Interesse an traditionellem Handwerk wächst durch den Trend zur Nachhaltigkeit. „Nicht alles Neue und Effiziente ist automatisch besser“, erklärt Andreas. Im Gegensatz zu modernen Verfahren wie dem Digital- oder Transferdruck, bei dem Motive nur aufgebügelt werden, bietet der Siebdruck zum Beispiel in der Textilbranche, eine ganz andere Qualität. Beim Siebdruck wird die Farbe mit einer Rakel, also einem gummiartigen Werkzeug, durch ein feinmaschiges Sieb auf das Material aufgetragen, glatt gestrichen und direkt vom Stoff absorbiert. Früher war der Siebdruck vor allem industriell geprägt – von Textilien über Tapeten bis hin zu Verkehrsschildern. Heute ist dieses Handwerk eher zur Rarität geworden.

Quelle: Ellinor Brandenburg / Die Gründenden Petra-Sophie und Andreas Karl 
Analog in einer digitalen Welt

Vielleicht ist es gerade der Kontrast zur modernen Technologie, der die Menschen anzieht. „Es gibt einen Hunger nach Analogie. Viele wollen wieder weg von der Künstlichkeit und zurück zu etwas Greifbarem“, berichtet Petra-Sophie. Dieser Wunsch zeigt sich auch in der Fotografie oder der Kunst – und natürlich im Handwerk.  „Das Handwerk macht den Kopf frei“. Und man merkt schnell: Das ist hier nicht nur eine Floskel.

Von Felicitas Weber