Einblick in ein seltenes Handwerk

Zwischen Leim, Leder und Leidenschaft: Ein Besuch bei Peter Oberhofer, Buchbinderei und Bildereinrahmung

Quelle: Elisa Hörner / Bei der Klebebindung werden die Ränder des Buchblocks abgeleimt

Während andere auf Massenproduktion setzen, führt ein Meister seines Fachs eine fast vergessene Kunst in neuem Glanz fort. In dieser kleinen Werkstatt entstehen nicht nur Buchbindungen und Bilderrahmen, sondern Unikate mit Geschichte. Erlebt, wie präzise Handarbeit, Leidenschaft und das Gespür für Details zusammenkommen – für die, die den Wert eines Handwerks schätzen, das in unserer modernen Welt immer seltener wird.

Vor zwei Jahren zog Peter Oberhofer mit seiner Werkstatt aus Schweinfurt nach Hergolshausen, direkt ins Elternhaus. Werkstatt, Büro, Verkaufsraum – alles in einer Ecke des Hauses – so nah beieinander, dass man beim Rundgang beinahe im Hausflur steht. Dieser familiäre, gemütliche Rahmen spiegelt das wider, was Peter Oberhofers Werk ausmacht: Eine kleine Welt, in der traditionelle Handwerkskunst und Liebe zum Detail zu Hause sind. Vor fast 70 Jahren übernahm Oberhofers Vater die Buchbinderei und machte das Handwerk damit zur Familientradition. Als Peter seine Lehre begann, hatte er eigentlich nicht vor, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. 1991 übernahm er schließlich das Geschäft und machte das Handwerk zu seiner Leidenschaft – jetzt ist es für ihn mehr als nur ein Beruf.

Der Zauber des Buchbindens: Ein Werkstattbesuch

Tritt man in die Buchbinderwerkstatt ein, steigt einem der Duft von Leim und Leder in die Nase. Überall stehen Materialien: Pergament, Kunstleder, Papier, Marmor- und Wolkenpapier, Leinen und Gewebe sowie echtes Leder, das wertvollste Material von allen. Peter sagt: „Das Bearbeiten von echtem Leder ist am anspruchsvollsten aber dafür eben auch einzigartig und besonders elegant.“ Mit jedem Einband erzählt ein Buchbinder eine eigene Geschichte, egal ob Taschenbuch, Diplomarbeit oder Sammlungen wertvoller Literatur.

In der Werkstatt wird jedes Buch selbst gebunden und bearbeitet, Schritt für Schritt. Neben der Klebebindung, bei der der Buchblock am Rücken mit Leim bestrichen und anschließend geschnitten wird, bietet Peter auch die traditionelle Fadenheftung an. Hier wird der Buchblock mit Nadel und Faden zusammengebunden – eine Technik, die eine besondere Beständigkeit und Wertigkeit verleiht. Mit Gold- und Silberprägungen können Titel und Ornamente auf den Einband gestanzt werden, was das Buch zu einem Unikat macht.

Auch die Buchrestauration hat bei Oberhofer ihren Platz: Liebevoll bringt er alte Kinderbücher oder handgeschriebene Familienrezepte in Form. Diese Bücher haben oft emotionalen Wert, sie sind Erinnerungen, die durch Peters Hände wieder zum Leben erweckt werden. Die Liebe zu diesen Schätzen ist in jedem Handgriff spürbar.

Rahmenkunst mit Herz und Holz

Wer Peters Werkstatt betritt, wird von einer Vielzahl an Rahmen begrüßt – kleine, große, verzierte und auch schlichte. Die meisten Rahmen bestehen aus Holz, und beim kurzen Blick ins Holzlager fühlt man sich wie in einer Schreinerei. In der Werkstatt entstehen einzigartige Rahmen für jedes Bild und jeden Spiegel, oft auf Kundenwunsch bis ins kleinste Detail gestaltet. Ob Verzierungen an den Ecken, spezielle Lackierungen oder goldene und silberne Akzente – alles ist möglich und wird mit Sorgfalt und Präzision von Hand gearbeitet.

So einzigartig und doch so selten

„Das traditionelle Handwerk des Buchbindens hat es heute schwer, da die meisten Leute ihre Bücher online erstellen und sich schnell und einfach nach Hause liefern lassen.“, so der gelehrte Buchbinder. Dabei gehe der Handwerksaspekt natürlich verloren und was industriell hergestellt wird, hat oft weder den einzigartigen Charakter noch die emotionale Tiefe eines handgefertigten Buches oder Rahmens. Die Nachfrage nach echtem Buchbinderei-Handwerk nimmt ab, und trotzdem bleibt Peter dabei. Auch wenn er jungen Leuten heute kaum raten würde, in das Handwerk einzusteigen, weiß er, was es bedeutet, es weiterzuführen.

Die traditionelle Buchbinderei bewahrt den Zauber des Handwerks und schenkt alten wie neuen Büchern eine Seele. Warum also nicht ein persönliches Lieblingsbuch neu binden lassen? Oder ein altes Familienbuch restaurieren, um die Erinnerungen weiterleben zu lassen? Jeder, der den Wert eines handgefertigten Stückes spüren will, wird hier fündig. Bei Peter Oberhofer wird deutlich, was es heißt, sich mit ganzer Seele einem Handwerk zu widmen – ein Handwerk, das Geschichten bewahrt und sie für die Zukunft sichert.

Von Elisa Hörner